Monogamie. Ist das überhaupt was für uns Menschen?
Viele Tiere können es, die Präriewühlmaus und der Höckerschwan leben sie problemlos, 14% der Vögel steckt die Fähigkeit sogar in den Genen, doch viele Menschen scheitern daran: Monogamie.
Uns ist sie eben nicht in die Wiege gelegt worden. Im Gegenteil der Anthropologe George P. Murdoch hat Ende der 40er Jahre weltweit 238 menschliche Gemeinschaften untersucht. Das Ergebnis: Davon führen nur 20 Prozent monogame Ehen.
Unsere Gesellschaft lebt monogam, viele sind damit glücklich, andere geben es zumindest vor. Weil es von ihnen erwartet wird, von ihrem Partner, ihrer Familie, ihren Freunden und Nachbarn. Sie sind fürsorgliche Väter und Mütter, liebende Eltern und damit Familie und Außenwirkung bestehen bleiben, gehen sie heimlich fremd. Das zeigen auch neuere Untersuchungen, die nämlich ergeben haben, dass Seitensprünge und der Wechsel von Lebenspartnern Gang und Gäbe sind. In allen Epochen. Bis zur Frühgeschichte.
Wann eine offene Beziehung Sinn macht
97% der Deutschen erwarten von ihrem Partner Treue. Nicht wenige werden enttäuscht, denn je länger die Partnerschaft andauert, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass man fremdgeht. Der Reiz ist verflogen, die Liebe ist weg, man hat sich auseinandergelebt oder es herrscht Flaute im Bett – schlimmstenfalls ist alles davon eingetreten. Untreue ist laut Statistiken der häufigste Grund für Trennungen.
Sein Leben lang nur noch mit ein und derselben Person Sex zu haben, ist für einige unvorstellbar. Dieselbe Person ein Leben lang an seiner Seite zu haben allerdings schon. Wenn man den Partner liebt, sich aber nach Sex mit anderen sehnt, kann eine offene Beziehung eine Alternative sein.
Man bleibt ein Paar, darf aber Sex mit anderen haben. Nach dem Motto „Appetit darf man sich holen, gegessen wird überall, wo es einem gefällt.“ Das klingt verlockend und aufregend: Man behält die Sicherheit der festen Beziehung, kann aber auch seine sexuellen Phantasien mit Fremden ausleben. Man muss kein schlechtes Gewissen mehr haben, wenn man die Kellnerin, den Arbeitskollegen oder die Nachbarin attraktiv findet. Flirten auf Partys ist okay. Man darf sich nicht nur Bestätigung holen, man darf die Flirts auch noch mit nach Hause nehmen. Viele Partner aus offenen Beziehungen schwärmen davon, dass der Sex mit anderen die Lust aufeinander sogar steigert und frischen Wind in die Beziehung bringt.
Laut Theatalk-Studie halten allerdings nur die wenigsten Beziehungen diese Freiheiten aus: etwa ein Prozent aller Paare. Nicht ohne Grund, das Konfliktpotential ist groß. Damit eine offene Partnerschaft funktionieren kann, müssen Regeln aufgestellt und Fragen geklärt werden.
Dos and Don’ts – Der „Vertrag“ für die sexuelle Untreue
1. Das wichtigste zuerst: Beide müssen damit einverstanden sein und sich an die Regeln halten. Vorsicht: Falls einer der Partner nicht hundertprozentig hinter dem Beziehungsmodell steht, ist eine offene Beziehung keine Alternative.
2. Kommunikation und Ehrlichkeit sind das A und O. Über Probleme und Sorgen sollte man mit dem anderen reden.
3. In einer offenen Beziehung bleibt der Partner immer die Nummer 1, er hat oberste Priorität.
4. In der gemeinsamen Zeit, sollte man mit dem Kopf ganz beim Partner sein. Im Restaurant wird beispielsweise nicht mit dem Nachbartisch geflirtet.
5. Safer Sex ist bei oft wechselnden Sexualpartnern ein Muss: Kein Sex ohne Kondom.
6. Erzählt man dem Partner von seinen Abenteuern? Wie viel möchte man wissen? Klärt das vorher ab.
7. Möchte man die Sexualpartner kennenlernen? Hat der Partner ein Veto-Recht?
8. Wie weit darf man gehen? Sind das gemeinsame Zuhause, Übernachtungen und Urlaube tabu?
9. Was ist erlaubt, was nicht? Dürfen aus einem One-Night-Stand auch two, three oder four Nights werden?
10. Darf man mit Freunden und/oder Bekannten schlafen?
11. Muss man den Seitensprüngen mitteilen, dass man in einer Beziehung ist?
12. Wenn Gefühle ins Spiel kommen, sollte die Affäre beendet werden.
Offene Beziehung mit Familie?
Ja, es gibt auch Familienväter- und Mütter, die offene Partnerschaften führen. Auch wenn es für die Eltern normal ist, Sex mit Fremden zu haben, kann das für Kinder sehr verletzend sein. Wichtig ist, dass die Kinder erst davon erfahren, wenn sie alt genug sind, es zu verstehen. Natürlich können Eltern ihre offene Beziehung auch ganz für sich behalten – wer redet schon mit seinen Kindern über sein Sexualverhalten?
Wie sage ich meinem Partner, dass ich eine offene Beziehung möchte?
Man befindet sich schon lange in einer Beziehung und merkt, dass einem das Sexualleben mit dem vertrauten Partner nicht mehr ausreicht. Doch wie teilt man seinem Partner das mit? Die Gefahr, dass der Partner schockiert ist, sich auf eine offene Beziehung nicht einlässt und sich vielleicht sogar trennen möchte, ist groß. Doch es ist keine gute Voraussetzung eine Beziehung auf einer Lüge weiterzuführen. Das kann nur schief gehen. Je eher man dem anderen von seinen Wünschen erzählt, umso fairer.
Für wen eine offene Partnerschaft nicht geeignet ist
Ganz ehrlich: Für die wenigsten kommt eine offene Beziehung infrage. Viele möchten ihren Partner nicht teilen oder sich vorstellen, was da gestern Nacht passiert ist. Eifersüchtige Kopfkino-Menschen sollten sich nicht auf Untreue mit Ansage einlassen. Die Basis einer offenen Beziehung ist nämlich vor allem: Vertrauen. Wenn ich ständig Angst habe, der andere könnte mich für eine Bekanntschaft verlassen, wird eine offene Beziehung mich kaputt machen.
Vorsicht! Es ist keine Lösung, sich auf eine offene Beziehung einzulassen, um den anderen nicht zu verlieren! Das ist nur der schmerzhafte Anfang vom Ende.
Offene Beziehung: Sex ja, Liebe nein.
Eine offene Beziehung lebt von dem Glauben, dass man Liebe und Sex trennen kann. Wenn man in einer offenen Beziehung steckt und merkt, dass man sich in ein One-Night-Stand verguckt hat, sollte man dem Partner davon erzählen. Das zu verschweigen, wäre die erste Lüge. Dann macht eine offene Beziehung keinen Sinn mehr, „offen“ steht nämlich nicht nur für sexuelle Offenheit, sondern für generelle Offenheit in der Beziehung.
Ich habe noch keinen Partner. Wie finde ich einen Partner für eine offene Beziehung?
Man führt noch keine Beziehung, möchte aber gerne. Bestenfalls eine offene. Doch wo und wie findet man jemanden, der an der gleichen außergewöhnlichen Partnerschaft interessiert ist? Zufällig auf einer Party oder beim Geburtstags-Dinner der besten Freunde? Unwahrscheinlich. Ob jemand homosexuell oder bi ist, auf SM oder freie Liebe steht, ist den Leuten nicht auf der Stirn geschrieben. Die Chance zufällig jemanden mit den gleichen Vorlieben zu finden, ist gering. Wer speziell nach einer offenen Beziehung sucht, kann im Internet einen Partner dafür finden. In den erfolgreichen Partnerbörsen finden sich Menschen mit den unterschiedlichsten Bedürfnissen. Auch diejenigen, die jemanden suchen, bei dem es kribbelt, der einem Sicherheit gibt, für einen da ist, wenn man gestresst von der Arbeit kommt – und gleichzeitig sexuell offen ist. Vielleicht findet man sie hier: die Liebe ohne Treue. Oder den Sex ohne Liebe.